Berlinkult

8. August 2023 Aus Von Pixie

Der Space, wo ich nachfrage
Wer sind die Künstler in Berlin?
Was machen sie und warum sind sie in Berlin?

Die Künstler vom 6.7.23 (Humbikult Session #8)
im Gespräch

Annick Schadeck
Tänzerin, Luxemburgerin
Arbeitet schon seit einigen Jahren in Berlin & ist seit 10 Jahren freischaffend tätig.
www.annickschadeck.com

Jeanna Serik
Tänzerin, Luxemburgerin, ehemals aus Kazakhstan. Freundin Annick und arbeitet oft mit ihr zusammen. Jeanne wohnt seit 14 Jahren in Berlin. Sie tanzte früher in nationalen Kompagnien in Frankreich, Itakien, Schweiz, und Luxemburg. Sie ist jetzt freischaffend tätig und arbeitet u.a. an der Deutschen Oper Berlin.
www.jeannaserikbayeva.com

Keitsuke Matsuno
Jazz und Improvisationsmusiker, Berliner
Arbeitet gerne außerhalb der Musik mit anderen zusammen. Großteil seiner Zeit spielt er mit seiner Band und anderen Bands in Berlin, Deutschland, und ganz Europa. Er lebte 10 Jahre in New York und jetzt wieder in Berlin.
Ich freu mich immer, wenn ich in Neukölln spielen kann, weil es dann nicht so weit ist. Weil ich dann immer mit dem Fahrrad hinfahren kann.”
keisukematsuno.tumblr.com

Bikash Chatterjee
Tänzer und Choreograph, Berliner
Momentan tätig als Kurator des Humbikult-Projekts
https://www.instagram.com/humbikult/
https://www.instagram.com/kashchoreos/

Warum Berlin?

Also, wahrscheinlich kann man es irgendwie cooler drehen, wenn man es wollte, aber während ich auf Tour war, wurden die Grenzen der USA geschlossen und ich konnte mit meinem Künstlervisum nicht wieder einreisen. Dann wohnte ich eine kurze Zeit bei meiner Freundin in Süddeutschland, aber dort kannte ich keinen und konnte mit niemanden Musik machen. Dann ergriff ich die Chance mit einer Berliner Band auf einem Festival in Leipzig zu spielen. Das war kurz vor dem Corona Lockdown. Und dann waren auch die Proben in Berlin. Das ergab sich dann alles so.
Ich bin ja aus Berlin und meine Eltern wohnen in Berlin. Wann auch immer ich New York nach Europa geguckt habe, war da Berlin …ich hab mich immer gefragt ist es Berlin, weil ich aus Berlin komme? Aber is nicht so – Berlin ist halt total geil. Leipzig ist cool, aber ich glaube sowas gibts auch in Berlin plus es gibt noch andere Sachen in Berlin.

Ich weiß es nicht mehr genau, warum Berlin. Berlin ist gut, wenn man andere Wege einschlagen will. Man ist vom gleichen Wasser. Für uns Tänzer ist Berlin super, weil es kulturell ist und wir an der Deutschen Oper trainieren können. Das gibt es nicht in anderen Großstädten.

Warum Berlin? Weil Luxemburg ist sehr klein. Mein Ex-Partner hatte die Möglichkeit nach Berlin zu ziehen. Ich habe es nicht ausgeschlagen mitzukommen und hatte bisher viele schöne Momente in Berlin erlebt.


Nach so vielen Lobeshymnen über Kultur in Berlin – was läuft hier nicht so gut …

… im Tanz
?

Der Grund warum ich immer noch in Luxemburg gemeldet bin, ist weil ich dort arbeite. Es gibt dort Künstlerhilfe. Als Künstler gibt es Momente wo wir arbeiten und nicht arbeiten. Trotzdem sollen wir trainieren, leben, Projekte schreiben, improvisieren.
In Deutschland gibt es diese Hilfe nicht. In Deutschschland haben Tänzer oft einen zweiten Job, oder arbeiten schwarz, z.B. Babysitting oder arbeiten in Klubs. Das ist schwer und es ist anstrengend zu überleben.
Diese Konditionen sind schwer. Und es gibt mittlerweile zuviele Tänzer. Berlin ist millerweile eine Tänzerstadt geworden. Für eine kleinen Position, schlecht bezahlt, siehst du eine lange Schlange Leuten, manchmal bis an die 200 Leute. Es gibt 2 große Kompanien hier und sie kriegen das ganze Geld. Es ist schwierig und oft wollen die kleinen Kompagnien nicht bezahlen und die junge Tänzer akzeptieren das. Sie wollen oft nur junge Leute haben, weil sie experimentieren wollen. Tanz wird nicht ernst genommen.

Tanz ist nicht unendlich. Mit Ende 30 hören sowieso die meisten Tänzer auf. Es gibt keine Lobby. Die paar Erfolgreichen, die weitermachen, können dies tun, weil sie die Möglichleiten bekommen. Das ist der Tanzberuf.
Und in jedem Land in Europa ist es unterschiedlich. Außerhalb Europa ist es noch ganz anders. In Europa wird Kunst wenigstens gefördert, aber natürlich kann man da Sachen verbessern.
Ich fand es super als Bikash mir das Konzept vom Humbikult erklärt hat. Für mich war es ein Angebot, das nicht den üblichen institutionellen Weg ging, wegen schick mir eine Beschreibung und Video und all das. Es hatte was einem Zwischenweg – Kunst, einer komplett freien Szene. In Berlin, wenn man bischen mehr machen will, z.B. spontan auf der Straße performen, sollte dies leichter möglich sein. Es wäre schön, wenn man der Mentalität her alles leichter nehmen würde. Toll ist, dass Klubkultur für jedem zugänglich ist. In den Theater Berlin gehen nur bestimmte Leute – und die sterben bald alle aus.


… in der Musik?

Ich habe 10 Jahre in New York gewohnt da funktioniert das Leben sehr anders als hier. Und deshalb. Das war eine Stadt wo es gar keine Förderung gibt. Hier gibt es Förderung wenigstens. Wenn man es aber innerhalb des europäischen Raums vergleicht, da gibt es auch wieder viele Unterschiede – da kenn ich mich auch nicht so gut us.
Ich bin ja so ein bischen institutionell und politisch involviert, in der Kulturpolitik hier in Berlin. Ich bin Juror dem Deutschen bundesweiten Musikpreis Applaus. Und ich war auch im Panel der Jazzwoche Berlin.

Durch die Wiedervereinigung sind viele Probleme sichtbar geworden woran wir immer noch arbeiten. Berlin ist eine unfassbar attraktive Stadt, vor allem für junge und kreative Leute. Dadurch kommen immer mehr Leute und es gibt ja immer mehr Konfliktpotential. … Ja, was läuft schlecht? Ich versuche immer alles in gute Licht zu packen. Aber in der Corona Zeit ist erstmal Kultur komplett ignoriert wurden. Alarmstufe Rot hieß es ja. Und dann gab es erstmal eine Riesen-Demo und dann hast sich Helge Schneider und so zu Wort gemeldet. Und dann erst hieß es, ach ja, ok für euch Künstler müssen wir es dann anders verrechnen.Und dann gabs ja eine Förderung – und dann hieß es das darfst du nur für Betriebskosten ausgeben, weißt du? Was denn für fucking Betreibskosten? Wir sind fucking Künstler! Irgendwie, dass man sich nicht hinsetzt erstmal und sagt: “Ok, das ist ein Bereich was wir nicht verstehen. Lass uns erstmal Leute, die in der Szene sind fragen wie es überhaupt läuft.” Solche Schritte nicht zu machen, das ist eine gewisse Selbstgefälligkeit und Arroganz.

Nicht immer nur zurück, sondern vorwärts!

Berlin ändert sich immer mehr. Meine Hoffnung ist, dass wir offen bleiben und auch nachhaltige Lösungen finden. Es ist auch voll bescheuert, dass mit jeder neuen Regierung etwas gemacht wird, was den Beschlüssen der vorherigen Regierung entgegensteuert.

Das Mindset, dass Berlin seit den 90er trägt, könnte besser supported werden.

Wir brauchen mehr Leute wie Ludwig, die es wagen ein Konzept zu haben.
Ludwig verbindet Klubkultur mit richtiger Kultur, und hat den Anspruch einen Ort zu schaffen, der der räumlichen Konstruktion her an ein Schiff erinnert – ein save space für Künstler. So wie das Tacheles war: ein super kreativer Spot, super schräg, super merkwürdig. Es hat  sich einfach als etwas Eigenes hervorgehoben – ein Platz für Freaks und jede Form Selbstverwirklichung und Hedonismus – und trotzdem wird Geld verdient, trotzdem werden alle bezahlt. Solche Spots gibt es einfach kaum noch. Und es gibt wenig Leute, die sich sowas trauen, weil halt die  Politik nicht dahingehend Räume schafft. In Berlin ist es etwas anderes, es gibt schon Orte die auftauchen, es muss keine Techniklubs sein, aber es werden immer weniger.